Das "Stupperbähnchen"
Das "Stupperbähnchen"
Wie in dem vorangehenden Abschnitt beschrieben war der Steinbruch zwischen Stupperhof und Gipperich gelegen der größte Steinbruch der Schulgemeinde.
Das anfallenden Steinbruchmaterial wurde vom Steinbruch aus mit Pferde- und Ochsenfuhrwerken zum Bahnhof in Drolshagen transportiert, dort auf die Eisenbahn verladen und dann weitertransportiert.
Der Transport mit Pferde- und Ochsenfuhrwerken zum Drolshagener Bahnhof war jedoch sehr beschwerlich, zu langsam und auch zu teuer. So beantragte der Steinbruchbetreiber, die Firma Jungjohann & Siebel aus Siegen, eine Privatbahn von ihrem Steinbruch bis zum Bahnhof in Drolshagen zu bauen.
Die Stadtvertretung stimmte in ihrer Sitzung am 12.12.1908 dem Antrag der Firma Jungjohann & Siebel zu. Die Zustimmung verband die Stadtvertretung mit verschiedenen Auflagen. So durfte die Schienenstrecke vorzugsweise nur die Böschungen der Gemeindewege benutzen, den Abfluss des Oberflächenwassers nicht behindern und musste so befestigt werden, dass keine Gefahr von dem Bahnbetrieb ausgehen konnte.
Für die Instandsetzung der Gemeindewege hatte die Firma Jungjohann & Siebel darüber hinaus kostenlos 50 Kubikmeter Steine zu liefern. Die Stadtvertretung sprach die Genehmigung für eine Dauer von 20 Jahren aus. Sie war mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr nach Ablauf dieser Zeit verbunden.
Noch am gleichen Tag unterschrieb der Firmeninhaber Wilhelm Jungjohann im Rathaus den Vertrag.
Bevor jedoch der Bau der Kleinbahn, die offiziell als "Förderbahn" bezeichnet wurde, beginnen konnte, mussten weitere Genehmigung eingeholt werden. Dem Landrat in Olpe wurden die Antragsunterlagen am 19.02.1909 vorgelegt.
Mit Datum vom 27.04.1909 erteilte der Regierungs-Präsident in Arnsberg im Einvernehmen mit der Königlichen Eisenbahn-Direktion in Elberfeld die Genehmigung zu einem Privatanschlussgleis der Firma Jungjohann & Siebel an den Bahnhof in Drolshagen.
Am 19. Mai 1910 wurde dem Bruchmeister Christian Jungjohann geboren am 23.02.1858 in Hahnbuche, Bürgermeisterei Eckenhagen, Kreis Waldbröl, vom Dampfkessel-Überwachungs-Verein in Siegen das Zeugnis ausgestellt, dass er sich der Prüfung als Kesselwärter und als Führer einer Schmalspurlokomotive unterzogen hatte. Ihm wurde bescheinigt, dass er sich mit der Führung und Wartung der Lokomotive, insbesondere der Handhabung der Sicherheitsvorrichtungen derselben vertraut zeigte.
Am 10.11.1909 erfolgte im Auftrag des Regierungs-Präsidenten die Abnahme des Anschlussgleises an den Bahnhof in Drolshagen durch die Königliche Kreisbauinspektion in Siegen.
Die endgültige Abnahme der Förderbahn erfolgte von Amtmann Diekmann am 05.02.1910. Damit erteilte er die Erlaubnis zur Inbetriebnahme. Im Abnahmeprotokoll steht, dass der Bahnkörper mit den dazugehörigen Einschnitten, Dämmen, Brücken und Überführungen solide und sauber gebaut worden seien.
- Zum Streckenverlauf und den für die Bahn erforderlichen Bauten
Die Schienenstrecke des Stupperbähnchens folgte vom Steinbruch bei Stupperhof kommend etwa dem Verlauf der heutigen Gemeindestraße bis zur Kreisstraße Drolshagen – Benolpe. Von dort führte sie entlang der Benolper Straße nach Drolshagen.
Um den Gipperbach mit dem Gleiskörper überqueren zu können, musste die Reckhammer-Brücke erweitert werden. Am 23.02.1909 beantrage die Firma Jungjohann & Siebel deren Erweiterung. Die Brücke sollte auf der linken Seite in Fahrtrichtung Drolshagen so erweitert werden, dass auf der Brückenerweiterung das Gleis der Kleinbahn verlegt werden konnte. Mit Datum vom 04.03.1909 wurde der Bauschein für die Erweiterung der Reckhammer-Brücke erteilt.
Von der Reckhammer-Brücke aus führte die Schienenstrecke weiter entlang der linken Böschungsseite der Benolper Straße (alte Straßenführung) und zwar bis etwa zwischen die heutige Humboldtstraße und die Engelbertstraße. Dort bog die Bahn nach links ab, überquerte den alten Kirchweg von Gipperich nach Drolshagen und führte in fast gerader Fahrtrichtung etwa auf die heutige Straße "Ennert" zu. Dort querte sie den Herrnscheider Weg über ein Brückenbauwerk. Das Brückenbauwerk wurde mit Bauschein vom 14.05.1909 genehmigt. Die Brücke war in Fahrtrichtung 3 Meter breit, besaß eine Durchfahrtsbreite von 4 Meter und ebenso eine lichte Durchfahrtshöhe von 4 Metern. Nachdem der Herrnscheider Weg überquert war, führte die Schienenstrecke in etwa dem Verlauf der Straße "Ennert" folgend in fast gerader Richtung über einen kleinen Damm Richtung dem Drolshagener Bahnhof. Die Schienenstrecke lag etwas oberhalb des Bahnhofes und führte bis fast hin zur heutigen Firma Krah. In dem Bereich hinter dem Bahnhof bis zur Firma Krah lag die Schütteinrichtung für die Verladung und den Weitertransport durch die Eisenbahn.
![]() |
Trassenverlauf des Stupperbähnchens
Quellenhinweis: StaD: Karten und Pläne 8 (Ausschnitt aus der Übersichtskarte vom Mai 1930) Hinweis: große Kartendarstellung bitte auf die Karte klicken
|
Um die Kleinbahn anlegen zu können, musste die Firma Jungjohnn & Siebel 1909 von der St. Sebastianus-Vikarie ein 1.600 qm großes Gelände erwerben.
- Zu den technischen Daten der Förderbahn
Schienenstrecke:
|
Zwei Kilometer, verlegt auf Holzschwellen und einem Kleinschotterbett aus Grauwacke-Kleinschlag.
|
Spurweite:
|
0,60 Meter
|
Schienenhöhe:
|
80 Millimeter
|
Dampflokomotive:
|
Hersteller: Jung (Jungenthal, Kirchen an der Sieg)
Fabrikations-Nr. 1426/1910 Typ: 40 PS - Helikon, Bn2t (B = zweiachsige Lok, beide Achsen angetrieben, n = Naßdampf, 2 = zwei Zylinder, t = Tenderlok (Vorräte wie Wasser und Kohle sind auf der Lok untergebracht) Spurweite: 600 mm geliefert: 08.02.1910 (siehe Auszug aus dem Lieferverzeichnis der Firma Jung)
|
Höchstgeschwindigkeit:
|
10 Kilometer pro Stunde
|
Die Strecke durfte mit offenen Loren befahren werden. Insgesamt hatte die Firma Jungjohann & Siebel bis zu 30 Kippwagen im Einsatz.
- Nebenbauwerke
Die Lokomotive war in einem Bretterschuppen untergebracht. Am 28.08.1913 beantragte die Firma Jungjohann & Siebel die Errichtung eines "massiven Raumes" für die Unterbringung der Lokomotive. Der Bau sollte folgende Abmessungen besitzen, Länge 6,50 Meter, Breite 5 Meter und Höhe von 3,30 Meter. Der Bauschein wurde am 24.09.1913 erteilt.
![]() |
![]() |
Lageplan des Lokomotivschuppens
(StaD: A 2615) |
Ansichten des Lokomotivschuppens
(StaD: A 2615) |
![]() |
Im Jahr 1914 errichtete die Firma Jungjohann & Siebel eine Brücke über den Gipperbach um eine Verbindung der links und rechts der Straße von Stupperhof nach Gipperich gelegenen Steinbrüche zu ermöglichen und eine Anbindung der Schmalspurbahn an den rechts liegenden Steinbruch zu schaffen.
Mit Bauschein vom 27.10.1920 erhielt der Steinbruchbetreiber die Genehmigung einen Kohlenschuppen mit Ölkeller zu errichten. Nach der Bauzeichnung zu diesem Bauvorhaben handelte es sich um einen Anbau an ein vorhandenes Maschinenhaus. Mit der Bezeichnung Maschinenhaus wurde der 1913 errichtete Lokomotivschuppen bezeichnet.
![]() |
![]() |
Lageplan, Schnitte und Ansicht des Kohlenschuppens
(StaD: A 2618) |
Das Stupperbähnchen wurde wohl bis in die 1930er-Jahre betrieben. Wann der Betrieb eingestellt wurde, ist in den Archivunterlagen nicht festzustellen.
- Fotos des Stupperbähnchens
Dampflok des Stupperbähnchens (Foto um 1910)
Zweiter von rechts Christian Penz, Urgroßvater von Andreas Donner.
Er war als Meister bei der Firma Jungjohann & Siebel im Steinbruch bei Stupperhof und im Bruch Kraghammer, Attendorn, beschäftigt. (Foto: Sammlung Andreas Donner) |
Postkarte des Stupperbähnchen bei Stupperhof
Die Postkarte hat Christian Penz seiner Familie wohnhaft in Wiehl am 31.07.1913 geschickt.
(Foto: Sammlung Andreas Donner) |
Das Stupperbähnchen im Steinbruch. (Foto um 1910)
Steinbrucharbeiter und vermutlich Personen der Geschäftsleitung der Firma Jungjohann &. Siebel.
(Foto: Sammlung Andreas Donner)
|
Im Steinbruch - Blick Richtung Stupperhof. (Foto um 1910)
(Foto: Sammlung Andreas Donner)
|
Steinbruchbelegschaft (Foto um 1910)
(Foto: Sammlung Andreas Donner)
|
Quellenhinweis:
StaD: A 2356, A 2357, A 2615, A 2616, A 2618
StaD: Karten und Pläne 8
Hesse: Geschichte. S. 368
Internet: www.lokhersteller.de